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Fremdwörter im Text – Teil 1

Sie sind in aller Munde und aus Texten nicht mehr wegzudenken: Fremdwörter. Doch woher kommen sie und wie sollten sie eingesetzt werden? In dieser zweiteiligen Folge erklären wir es.


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Ein aussergewöhnliches Talent! Eine überragende Intelligenz! Ein wahres Genie! Wie Sie jemanden charakterisieren, ist Ihre Sache. Fest steht: Sie verwenden dafür Fremdwörter. Talent, Intelligenz und Genie sind keine Fremdwörter, meinen Sie? Und ob! Im ersten Teil dieser zweiteiligen Blogreihe decken wir auf, wo die Wörter unseres Sprachgebrauchs ihren Ursprung haben und zeigen Ihnen, wie Sie «fremde Wörter» im Text entlarven. Im zweiten Teil geht es schliesslich darum, wie Sie mit Fremdwörtern im Text umgehen können.

Sie sind in aller Munde und die wenigsten stören sich an ihnen: Fremdwörter. Wir reden von neumodischen Anglizismen wie Handy, Call Center oder Facility Management. Doch wir blicken auch auf jene Wörter, die schon so sehr in unserem Wortschatz verankert sind, dass auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist, wo ihre Wurzeln liegen.

Alles auf Anfang – historischer Exkurs
Deutsch gehört zu den germanischen Sprachen, die ein Teil der indogermanischen Sprachfamilie sind. Dank kontinuierlicher Völkerwanderungen (Migrationen) deckt die indogermanische Sprachfamilie ein Gebiet von Sri Lanka bis nach Island ab und zählt heute rund drei Milliarden Sprecher. Die germanischen Sprachen werden unterteilt in:

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Deutsche Wörter mit Migrationshintergrund
Ein typisch deutsches Wort ist: «Mensch». Im Althochdeutschen entstanden, wurde aus «mennisco» im Mittelhochdeutschen «mensche, mensch». «Mensch» ist mittlerweile über 1200 Jahre alt. «Kloster» hat 200 Jahre weniger auf dem Buckel. Moment! Kloster? Das ist doch gar kein deutsches Wort! Stimmt, denn im etymologischen Sinne ist «Kloster» lateinischen Ursprungs und wird im Mittelalter von «clōstrum» aus dem 6. Jahrhundert entlehnt.

Latein. Diese vermeintlich tote Sprache gehört zu den romanischen Sprachen, in denen auch Spanisch, Französisch, Portugiesisch, Italienisch und Rumänisch angesiedelt sind.

«Kloster» ist nun seit über 1000 Jahren bekannt und im deutschen Sprachgebrauch etabliert. Laien können die Herkunft eines Wortes nicht immer erkennen. Wir zeigen Ihnen, auf welche Hinweise Sie achten müssen.

Fremdwort – Lehnwort
«Kloster» wird vom lateinischen «clōstrum» entlehnt. Entlehnt? Was bedeutet das überhaupt? Nun, Lehnwörter leiten sich von fremdsprachigen Wörtern ab. Sie werden also in abgewandelter Form verwendet, z. B. in einer anderen Schreibweise oder Aussprache. Und was ist dann ein Fremdwort, fragen Sie sich? Ein Fremdwort wird in seiner ursprünglichen Form in der deutschen Sprache gebraucht, also nicht oder nicht grundlegend verändert bzw. angepasst. Es wirkt weiterhin fremd. Aber: Wird ein Fremdwort schon gar nicht mehr als fremd empfunden, ist es zum Lehnwort geworden: Sport, Training, Gentleman, Pullover, Jeans, T-Shirt, Sneaker, Computer, Mousepad.

Lehnwörter Fremdwörter
Wein (lateinisch: vīnum) Wellness (englisch: wellness)
Theater (griechisch: théātron) Computer (englisch: computer)
Alkohol (arabisch: kuḥl; hispanoarabisch: al-kuḥúl) Café (französisch: café)
Spaghetti (italienisch: spaghetti) Baguette (französisch: baguette)
Hotel (französisch: hôtel) Cappuccino (italienisch: cappuccino)
Joghurt (türkisch: yoǧurt) Intermezzo (italienisch: intermezzo)
Schlamassel (jiddisch: schlemaslschlimasl) Futon (japanisch: 布団)
Gitarre (spanisch: guitarra) Sushi (japanisch: 寿司)
Schamane (tungusisch: shaman) Balalaika (russisch: балалайка)
Tofu (chinesisch: 豆腐dòufu) Diwan (persisch: dīwān)


Kennen Sie weitere Lehn- und Fremdwörter? Halten Sie einmal Augen und Ohren offen, wenn Ihnen Ausdrücke wie Screenshot, Ensemble, Meeting, Coffeeshop, Branche, Klima oder Zyklus begegnen.

Anglizismen und «Denglisch»
Neben echten Lehn- und Fremdwörtern gibt es ein Kuriosum. Das Scheinlehnwort. Vor allem mit englischen Ausdrücken wird hier um sich geworfen, obwohl es sie in dieser Form nicht gibt oder sie in ihrer Muttersprache eine andere Bedeutung haben.

  • Handy (Mobiltelefon) – korrekt im Englischen: mobile phone, cell phone / handy = praktisch, handlich
  • Oldtimer (Fahrzeug) – korrekt im Englischen: old vehicle, classic vehicle / old-timer = alter Mensch mit langjähriger Erfahrung auf einem Gebiet
  • Smoking (Anzug) – korrekt im Englischen: smoking jacket, smoking suit / smoking = rauchen, rauchend
  • checken (begreifen) – korrekt im Englischen: to understand / to check = kontrollieren

Das «Denglisch» treibt das Ganze auf die Spitze. Dabei stutzen deutsche Sprecher englische Begriffe so zurecht, dass diese zur deutschen Grammatik passen (gegoogeltrecycelt, downgeloadet, gescannt) oder wortwörtlich übersetzt werden:

  • My lovely Mr. Singing Club – Mein lieber Herr Gesangsverein
  • I believe I spider – Ich glaube, ich spinne
  • I believe me kicks a horse – Ich glaube, mich tritt ein Pferd
  • My English is not the yellow from the egg – Mein Englisch ist nicht das Gelbe vom Ei
  • I understand only railway station – Ich verstehe nur Bahnhof
  • Scissor you to the devil – Scher dich zum Teufel
  • I am foxdevilswild – Ich bin fuchsteufelswild
  • I think my pig pipes – Ich glaube, mein Schwein pfeift

Die Anglizismen bzw. Amerikanismen werden mit Hochdruck über den grossen Teich zu uns nach Europa gespült. Doch nicht nur die deutsche Sprache wird heimgesucht, auch im Französischen, Spanischen, Polnischen, Italienischen und Schwedischen machen sich die Fremden breit. Das ist manchen zu viel des Guten. Nun sollen es staatliche Gesetze regeln.

Fremdwörter erkennen
Anhand dieser vier Merkmale können Sie bei einem Wort erkennen, dass seine Muttersprache nicht Deutsch ist:

  • Vorsilben und Endungen auf ik, to, hypo, iv, kon, ing, pro, re, ieren
  • Methodik (griechisch), Skonto (italienisch), Hypochonder (lateinisch), Genitiv (lateinisch), konvex (lateinisch), Mobbing (englisch), professionell (französisch), Relikt (lateinisch), konzentrieren (französisch)
  • Lautung/Aussprache abweichend vom Deutschen (englisch «boot» für «Stiefel») oder Betonung nicht auf erster Silbe oder Stammsilbe (Diät, obsolet, konkretisieren
  • Schreibung/bestimmte Buchstabenkombination: Neon (griechisch), Friseur (französisch), Theke (lateinisch), Routine (französisch)
  • seltener Gebrauch: Quisquilien, xan­tho­chrom, prononcieren

Aber: Nicht immer gelten diese Merkmale. So kann z. B. eine fremdsprachliche Endung an einen deutschen Wortstamm treten (frieren) oder die Schreibung nicht mehr als Fremdwort erkannt werden (schockenKeks). Der Begriff Fremdwort ist nicht immer leicht zu bestimmen. Die Grenzen zwischen fremden und eingebürgerten Wörtern ist oft fliessend.

Übrigens: Falls Sie wissen möchten, woher ein Wort kommt, schlagen Sie doch einmal in einem etymologischen Wörterbuch nach! Es ist spannender, als Sie ahnen. Und wenn Sie weitere Wörterbücher kennenlernen möchten, haben wir hier zwei Blogartikel für Sie: Teil 1 und Teil 2.

An dieser Stelle beenden wir unseren sprachhistorischen Exkurs. Lesen Sie im zweiten Teil, welche Tipps wir Ihnen beim Texten mit Fremdwörtern geben können!

 

Autorin: Juliane Franke


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