Gängige und unbekannte Wörterbücher, Teil 1 – jollywords
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Sprachwissen von A bis Z: gängige und unbekannte Wörterbücher, Teil 1

Wörterbücher – in nahezu jedem Haushalt stehen sie griffbereit im Regal, im Internet sind sie kostenlos und mit wenigen Klicks abrufbar. Sie sind unentbehrlich beim Erlernen fremdsprachiger Vokabeln, zum Überprüfen der Rechtschreibung und zum Entwickeln eines umfassenden Wortschatzes – auch in der deutschen Sprache. Doch in welchen Nachschlagewerken suchen wir nach Begriffen, die uns partout nicht einfallen wollen, wenn wir sie gerade brauchen? Wie finden wir heraus, welche Wörter sich reimen? Und wo erfahren wir etwas über die Geschichte eines Wortes? Wir stellen die unterschiedlichen Arten der Wörterbücher vor.


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Ist die Rede von einem Wörterbuch, denken viele zunächst an den Duden. Googeln Sie den Begriff, werden in den Suchergebnissen vorrangig Online-Übersetzer angezeigt. Dabei gibt es viele andere, weithin unbekannte Wörterbücher, die im täglichen wie im professionellen Sprachgebrauch durchaus hilfreich sind. Als Texter greifen wir auf unterschiedliche Nachschlagewerke zurück, um unseren Wortschatz zu erweitern, originelle Wortspiele zu kreieren oder alternative Ausdrücke zu finden, die sich hinter einer Blockade im Kopf verstecken.

Blätterten wir vor einigen Jahren noch in dicken Wälzern, steht uns die gesamte Fülle der deutschen Sprache heute im Internet zur Verfügung. In Sekundenschnelle rufen wir Online-Wörterbücher am Laptop oder über eine Smartphone-App auf, die es im Umfang und Informationsgehalt spielend mit gedruckten Büchern aufnehmen.

In diesem Artikel und folgenden Beiträgen schauen wir uns die verschiedenen Ausführungen genauer an. Wir beginnen mit den Synonym-, Herkunfts- und rückläufigen Wörterbüchern.

SYNONYMWÖRTERBÜCHER

Ein Synonymwörterbuch liefert zu einem gesuchten Stichwort (Lemma) bedeutungsgleiche oder doch zumindest sinnverwandte Alternativbezeichnungen.

In der Linguistik ist der Begriff des Synonyms strikt eingegrenzt. Synonymie liege nur dann vor, wenn die Bedeutung zweier Wörter identisch sei und beide Wörter in jedem beliebigen Kontext ohne Änderung der Aussage gegeneinander getauscht werden könnten. Die sogenannte totale Synonymie (Beispiel: Neugier, Neugierde) ist jedoch ein Idealfall. Aufgrund stilistisch unterschiedlicher Bewertungen und individuell hervorgerufener Assoziationen tritt sie sehr selten auf.

Ein Beispiel: Geschenk, Mitbringsel, Schenkung, Spende und Gabe meinen alle dasselbe, sind aber je nach Kontext und Zielgruppe mal mehr, mal weniger passend in einem Text.

Synonymwörterbücher nehmen den Synonymbegriff deshalb nicht penibel genau, sondern weiten ihn auf eine Bedeutungsähnlichkeit (partielle Synonymie) aus. Innerhalb eines Bedeutungsbereichs stellen sie uns mehrere geeignete Ausdrücke zur Verfügung, die uns möglicherweise gerade nicht einfallen oder weniger geläufig sind. So setzen wir das Synonymwörterbuch bei Bedarf gern ein, um ungeschickte Wortwiederholungen zu vermeiden und stilistisch hochwertige Texte mit abwechslungsreichem Vokabular zu formulieren.

BUCHEMPFEHLUNGEN:

  • Dudenredaktion (Hrsg.): Duden – Das Synonymwörterbuch. Ein Wörterbuch sinnverwandter Wörter. Buch mit Software. 6. Auflage. Band 8. Bibliographisches Institut (Dudenverlag), Berlin 2014.
  • Brockhaus: Wahrig – Synonymwörterbuch. 7. Auflage. Wissen-Media-Verlag, Gütersloh/München 2011.
  • Bulitta, Erich und Hildegard: Das Krüger Lexikon der Synonyme. Über 28.000 Stichwörter, über 300.000 sinn- und sachverwandte Begriffe. Krüger Verlag, Frankfurt am Main 1993.

ONLINE-WÖRTERBÜCHER:

  • OpenThesaurus ist ein deutschsprachiges Online-Wörterbuch, das den Suchbegriff in seine verschiedenen Bedeutungen aufschlüsselt und für diese Einzelbedeutungen jeweils Synonyme und Assoziationen anzeigt. Ähnlich dem Wiki-Prinzip pflegen sprachinteressierte Freiwillige die Seite, korrigieren Fehler oder ergänzen neue Synonyme.
  • Ähnliche Suchergebnisse und viele Verwendungsbeispiele für ein Stichwort erhalten Sie beim Wortschatzlexikon der Universität Leipzig.
  • Zusätzlich zu den Synonymen eines Begriffes bietet das multilinguale Online-Wörterbuch unter www.wie-sagt-man-noch.de passende Komposita (Wortzusammensetzungen) und Übersetzungen in mehrere Sprachen.

ETYMOLOGISCHE WÖRTERBÜCHER

Was bedeutet eigentlich eigentlich? Woher kommt es und was heisst es wörtlich? Und was hat eine Wanze mit einem Computerfehler (Bug) zu tun? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich die Etymologie – die Lehre von der wahren, ursprünglichen Bedeutung eines Wortes.

Ein etymologisches Wörterbuch ergründet unsere Kultur- und Geistesgeschichte über die Sprache und stellt «Wortkarrieren» dar. In den Wörterbucheinträgen sind Informationen über die sprachliche Herkunft sowie zur Laut- und Bedeutungsentwicklung einzelner Wörter und ihrer Morpheme (kleinste bedeutungstragende Wortbestandteile) enthalten. Darüber hinaus erfahren wir – soweit bekannt –, zu welchem Zeitpunkt ein Wort nachweislich erstmals auftrat und ob es Verwandtschaften zu oder Entlehnungen von Wörtern anderer Sprachen gibt.

Oft sind die Angaben unsicher und nur eingeschränkt verlässlich. Sie erkennen dies daran, dass verschiedene Herkunftswörterbücher unterschiedliche Informationen zum selben Stichwort geben. Möchten Sie etwas über die Etymologie eines Wortes in Erfahrung bringen, empfiehlt es sich also immer, mehrere Quellen abzugleichen.

Der gedruckte Duden informiert zum Lemma eigentlich übrigens wie folgt:

eigentlich (mhd. eigenlich bedeutete «[leib]eigen», als Adverb eigenliche auch schon «ausdrücklich, bestimmt»; heute wird es im Sinne von «ursprünglich, wirklich, genau genommen» verwendet)

Bei Wiktionary, einem umfassenden digitalen Wörterbuch der Wiki-Familie, lesen wir dazu:

Herkunft: seit dem 13. Jahrhundert bezeugt; mittelhochdeutsch eigenlich; Ableitung von dem Adjektiv eigen mit dem Derivatem (Ableitungsmorphem) -lich und Gleitlaut -t-

BUCHEMPFEHLUNGEN:

  • Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25., aktualisierte und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin/New York 2012.
  • Pfeifer, Wolfgang: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. dtv, München 1995.
  • Dudenredaktion (Hrsg.): Duden – Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 5. Auflage. Band 7. Bibliographisches Institut (Dudenverlag), Berlin 2013.

ONLINE-WÖRTERBÜCHER:

  • Das DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache – verfügt über eine riesige etymologische Datenbank, die auf dem Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache der Deutschen Akademie der Wissenschaften basiert und zum Beispiel die Wortsammlung von Wolfgang Pfeifer aufgreift. «Es gibt Antwort auf Fragen nach Alter, Herkunft und Verwandtschaft der Wörter und enthält Informationen zur Grammatik, Bedeutung und vor allem zur Wortgeschichte von über 22 000 Stichwörtern», heisst es dort.
  • Über www.etymologie.info beziehungsweise 
    www.wortherkunft.de gelangen Sie zu einem informativen Etymologie-Portal, das neben den Gesetzmässigkeiten bei der Wortentwicklung auch die interessanten Geschichten hinter Redewendungen und geflügelten Worten untersucht.
  • Ein englischsprachiges Pendant erreichen Sie unter www.etymonline.com.

RÜCKLÄUFIGE WÖRTERBÜCHER

Leicht kommt man auf die Idee, ein rückläufiges Wörterbuch knüpfe an die Inhalte der Herkunftswörterbücher an. Doch diese Nachschlagewerke schauen nicht zurück auf die geschichtliche Entwicklung eines Wortes. Sie betrachten das Wort von seinem Ende her. Entgegen der gewohnten Leserichtung und allen anderen Wörterbüchern, die Wörter alphabetisch nach ihren Anfangsbuchstaben ordnen, sortieren Rückwärtslexika alphabetisch nach Endbuchstaben.

Linguisten benötigen rückläufige Wörterbücher zur Erforschung und Analyse von Sprachbestandteilen und Wortbildungsmitteln wie den Wortendungen. So ermitteln sie beispielsweise die Häufigkeit bestimmter Suffixe oder die lautlichen Zusammenhänge zwischen Wörtern. Als Ersatz für Reimlexika, wie sie Schriftsteller und Lyriker gern nutzen, sind sie durchaus geeignet – wenn auch nur bedingt. Denn gleich geschriebene Endungen sind nicht zwangsläufig auch gleich klingend.

Beispiel -nd: glänzend vs. blind

BUCHEMPFEHLUNGEN:

  • Ho Lee, Duk: Rückläufiges Wörterbuch der deutschen Sprache. De Gruyter, Berlin 2005.
  • Mater, Erich: Rückläufiges Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1967.
  • Muthmann, Gustav: Rückläufiges deutsches Wörterbuch. Handbuch der Wortausgänge im Deutschen, mit Beachtung der Wort- und Lautstruktur. De Gruyter, Berlin 1991.

ONLINE-WÖRTERBÜCHER

  • Welche Wörter enden auf -y oder -ln? Was reimt sich auf -ba oder -ion? Mit einem Tool von Wiktionary können Sie gezielt danach suchen. Sie geben %Wortendung in die Suchmaske ein und erhalten eine ausführliche Liste aller infrage kommender Begriffe, die in der Datenbank aufgeführt sind.
  • Eine leicht zu handhabende Alternative mit vielen Auswahlkriterien ist das Online-Wörterbuch Elexiko vom Institut für Deutsche Sprache.
  • Unter www.lehrtheke.de/Wortliste.pdf finden Sie eine unveränderbare Auflistung nach rückläufigem Schema. Gegen eine geringe Gebühr können Sie die Wortliste direkt beim Autor als Excel-Datei beziehen und diese anhand der Such- und Textfunktionen von Excel selbstständig sortieren, bearbeiten und ergänzen.

FAZIT

Wenn Sie selbst einmal nicht weiterwissen, leisten Wörterbücher konkret und schnell Abhilfe. Für Nostalgiker und Bücherfreunde ist vor allem die gut ausgestattete Heimbibliothek ein wertvoller Wissensschatz. Bei 20.000 und mehr Worteinträgen sind gedruckte Bücher jedoch entsprechend dick und platzraubend, das Blättern darin durchaus zeitintensiv. Nicht zuletzt können sie sehr kostspielig sein. Wer also Platz, Zeit und Geld sparen möchte, setzt auf das Online-Äquivalent, das in digitaler Form zwar nicht ins Regal gestellt werden und deshalb optisch nicht punkten kann, inhaltlich aber auf ganzer Linie mithält.

Möchten Sie weitere Wörterbücher kennenlernen, schauen Sie in den zweiten Teil dieser Blogreihe hinein und erfahren Sie Spannendes über Fremdwörterbücher, Aussprachewörterbücher und Wörterbücher für Soziolekte.

 

Tipp: Zum Thema Wörterbücher liefert unser Newsletter vom Oktober 2018 interessante Zusatzinformationen:

  • Erzähl‘ keine Märchen! Gebrüder Grimm sind Herausgeber eines Wörterbuchs?
  • Unsere monatliche Empfehlung: DWDS – mehr als nur ein digitales Wörterbuch.

 

Autorin: Maria Schuhmacher


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